Reality Therapy

Grundlagen

In den USA entwickelte der Psychiater William Glasser bereits seit den 70er Jahren eine therapeutische Konzeption und Methodik, die er aufgrund ihres klaren Bezuges zur Wirklichkeit, in der Patienten und Klienten leben, Reality Therapy nannte. Gerade im Grenzbereich zur Pädagogik, als ärztlicher Leiter von Heimen für schwersterziehbare Jugendliche, erarbeitete er Wege, um von inneren Beweggründen zu einem eigenverantwortlichen und erfolgreichen Verhalten zu gelangen.

Zwei Grundsätze sind stehen dabei in zentraler Position:
1. Wichtigster innerer Beweggrund für menschliches Verhalten ist der Versuch Bedürfnisse bestmöglich zu erfüllen.
2. Jeder Mensch ist für das von ihm gewählte Verhalten selbst verantwortlich. Damit ist in keiner Weise ein zynisches “Selbst Schuld” gemeint, sondern die Grundlage, zu erlernen, es für sich selbst besser zu machen.

Fragt man Menschen was sie wollen, bekommt man vorrangig Ziele und Wünsche zur Antwort. Diese können sich von einer Lebenssituation zur anderen ändern, manchmal in dramatischer Geschwindigkeit. Doch dahinter verbergen sich Bedürfnisse, die im Leben äußerst beständig bleiben, die uns aber nicht immer bewusst gegenwärtig sind. Menschliche Bedürfnisse lassen sich nach W. Glasser auf 5 Grundbedürfnisse reduzieren:

Überleben und körperliche Unversehrtheit
Dazu gehören körperliche Grundfunktionen wie Schlaf, Trinken, Essen, Temperaturhaushalt etc.. Ein Überlebensbedürfnis ist übrigens auch die Vermehrung, also die physiologische Seite der Sexualität.

Liebe und Zugehörigkeit
Dazu gehört die große Liebe Erwachsener ebenso wie die Mutterliebe zu einem Kleinkind oder die Zugehörigkeit zu einer Klasse, einer peer-group, einem Verein u. s. w..

Ernergie, Können, Macht und Anerkennung

Dieses Bedürfnis nennt Glasser im Englischen einfach “power” und es umfasst von Macht über das Vertrauen ins eigene Können bis zur Selbstbestätigung alles was uns “Power” gibt. Die Doppeldeutigkeit des Wortes „Vermögen“ macht den Zusammenhang deutlich, denn es meint den Besitz, den ich habe aber auch das, was ich vermag!

Freiheit
damit ist die Freiheit der eigenen Entscheidung und die der Mobilität gemeint.

Spaß und Neugierde
ist das zentrale Bedürfnis, das dem Lernen innewohnt, denn gerade mit Spaß sind Interesse, Neugierde, Anstrengungsbereitsschaft und Mut in besonderer Weise verknüpft.

Die Beschäftigung mit Bedürfnissen eines Menschen stellt keinen Freibrief für dessen Egoismus dar. Im Gegenteil, darin ist der Zugang zu sozialem Handeln und Eigenverantwortlichkeit verwurzelt.

Inhalte und Schwerpunkte

1. Grundlagen der “Choice Theory”, einem Konzept der persönlichen Freiheit zur Wahl eines für die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse erfolgreichen Verhaltens. Wir bestimmen unser Verhalten selbst, treffen die Wahl jedoch nicht „im luftleeren Raum“. Es wird daher ein Konzept vermittelt, um Verhalten zu verstehen im Zusammenspiel von äußerer Umgebung und innerer Realität. Glasser folgt dabei einem konstruktivistischen Grundkonzept: aus der Wahrnehmung der äusseren Umgebung, der Bewertung von Wahrnehmungsinhalten, deren Verarbeitung zu einem realistischen Weltbild, dessen Vergleich mit einer inneren lebenswerten Welt folgt in einem kreativen System eine Handlungsmotivation, die wiederum in die äußere Umgebung einwirkt.

2. Konzept des “Total-Behaviour”, einem Verständnis menschlichen Verhaltens aus Handeln, Denken, Fühlen und physiologischen Auswirkungen. Verhalten wird danch viel umfassender verstanden als lediglich Handeln.

3. Das WHBP-System, einem ineinander greifenden Kreislauf aus W = Wünschen, H = Handeln, B = Bewerten und P = Planen (vergleichbar mit dem PDCA-Zyklus im Qualitätsmanagement). Mit ihm gelingt es, aus einer konkreten Situation, z. B. einer Konfliktsituation mit einem Patienten, systematisch über eine Evaluation von dessen Wünschen und dessen konkretem Verhalten zu dessen Bewertung zu kommen, das in eine konkrete und überprüfbare Planung einfließt. Pläne, die an Bedürfnissen “andocken”, werden mit wesentlich mehr Verbindlichkeit eingehalten als zielorientierte Vereinbarungen, weil Bedürfnisbefriedigung mit einem Zugewinn an Wohlbefinden einhergeht.

Zusammengefasst erlernen die Teilnehmer, wie man mit schwierigen und konflikthaften Situationen so umgehen kann, dass aus einer Krise eine konkrete, verbindliche und erfolgreiche Planung für ein eigenverantwortliches Verhalten hervorgehen kann.

Aufbau der Weiterbildung

Die vollständige Weiterbildung gliedert sich in fünf Abschnitte, die insgesamt mindestens18 Monate Weiterbildungszeit erfordern. Drei vier- und ganztägige Seminare werden von zwei fortlaufenden praxisbegleitenden Fallsupervisonen unterbrochen.

Basic Week – 4 Tage
Basic Practicum – fortlaufend
Advanced Week – 4 Tage
Advanced Practicum – fortlaufend
Certification Week – 4 Tage

Methoden

Gearbeitet wird in einer intensiven Seminartechnik aus Wissensvermittlung, Kleingruppenarbeit und Rollenspielen. Alle o. g. Inhalte werden konkret auf die Seminarsituationen angewandt und dort unmittelbar und praktisch erlernt.